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"Im BGJ können Azubis stressfreier lernen"
Seit der Onlinebeschulung ab 9. Dezember entfällt die Zimmerer-Praxis leider, da die Schüler zuhause größtenteils keine Möglichkeit haben, an einer Werkbank zu arbeiten. Deshalb versuchen die Praxislehrer Basiskompetenzen zu Berechnungen, Darstellungen und Planungen online zu vermitteln. Der große Anteil an Praxisunterricht, der den zukünftigen Handwerkern am meisten liegt und eine Abwechslung zum Theorieunterricht bietet, entfällt also faktisch.
Welche Vor- und Nachteile sehen Sie im Online-Unterricht?
Es wird wohl in Zukunft Standard werden, dass Unterrichtseinheiten über Plattformen wie MS Teams übertragen werden. Das ist eine große Chance. Denn unsere SchülerInnen lernen so schnell, wie moderne Kommunikationsmittel im Unterricht eingesetzt werden können.
Ein Nachteil besteht für Leistungsschwächere. Verhält man sich während des Distanzunterrichts ruhig, kann der Lehrer nur schwer abschätzen, ob die Lerninhalte von allen verstanden wurden. Was im Klassenzimmer mit einem Blick funktioniert, ist im Online-Unterricht nur mühsam möglich. Und wie schon erwähnt ist die praktische Ausbildung schwierig.
Zudem kann man nicht davon ausgehen, dass jeder Schüler über einen Rechnerzugang verfügt. Bei mehreren, schulpflichtigen Geschwistern gibt es zeitliche Überschneidungen – wer darf hier an den Rechner? Hierbei dürfen wir auch die Betriebe erwähnen, die vielen Azubis einen Zugang zu einem Rechner ermöglichen.
Rund drei BGJ-Monate sind vorbei, wie fit sind die Azubis in der Zimmerer-Praxis?
Die Grundkenntnisse sind gelegt, zum Beispiel für das Arbeiten an der Hobelbank, in der Werkstatt und dem Umgang mit dem Handwerkszeug. Auch die traditionellen Holzverbindungen wurden bearbeitet und Musterstücke hergestellt.
Außerdem konnten erste Erfahrungen mit stationären Maschinen, wie Abrichthobelmaschine, Dickenhobelmaschine und Formatkreissäge gesammelt werden. Jetzt würden die Übungsphase, speziellere Holzverbindungen sowie weitere Projekte anstehen, um das Erlernte zu festigen.
Das Berufsgrundschuljahr ist vieldiskutiert. Warum macht es Sinn?
Es macht auf jeden Fall Sinn und zwar vornehmlich für die Azubis. Denn im Betrieb fehlt häufig die Zeit für Wissensvermittlung und Aneignung von handwerklichen Fähigkeiten. In der Berufsschule steht der Lehrling nicht unter diesem Zeitdruck und kann stressfreier lernen. Auch grundlegende Lerndefizite können besser ausgeglichen werden. Ausbilder haben wohl keine Zeit, um mit dem Azubi das Formelumstellen zu üben.
Was fehlt den Azubis, wenn das BGJ wegfallen würde?
Die Basis im bautechnischen Bereich, die meisten Schüler haben hier ohne das BGJ keinerlei praktische und theoretische Grundlagen. Handwerkliche Fertigkeiten sind nicht vorhanden und müssen nachgearbeitet werden - und zwar im BGJ! Darüber hinaus fehlt häufig die Fähigkeit, Zeichnungen fachgerecht anzufertigen.
Und im BGJ wird die gesamte Struktur des Bauens vermittelt, wie Gründungen, Mauerwerksbau, Wand- und Deckenkonstruktionen in Holz. Auf dieses Wissen baut die Fachstufe auf. Vorausgesetzt wird dort etwa, dass man sämtliche Dachkonstruktionen, Holzverbindungen und einfache Treppen zeichnen und herstellen kann. Aber auch rechnerische Grundlagen werden von den Schülern erwartet, wie der Umgang mit Winkelfunktionen, Formeln umstellen, Flächen- und Volumenberechnungen.
Was steht in den kommenden BGJ-Monaten an der BS Immenstadt an?
Für eine Grundschule in der Nachbargemeinde wird eine Friedenstreppe mit drei Stufen und einem Podest geplant und gefertigt. Mit unserer zweiten BGJ–Klasse wollen wir ein Fachwerkhaus zum Spielen und Toben für einen Kindergarten in Sonthofen herstellen.